Community Interpreting, Videoinstallation 2002
6 März 2018

Community Interpreting
Videoinstallation 2002


Das Wort „gebärden“ kennen wir nur im metaphorischen Sinn, im Sinne von verhalten, benehmen“. In der Beschreibung zu ihrer Installation mit zwei gehörlosen

Personen, die einander Witze mitteilen, gibt Bettina Henkel dem Wort den ursprünglichen Sinn zurück, schreibt, hier werde ein Witz gebärdet. Nicht mit einem Mausklick, vielmehr mit einem aufwendigen Studio-Verfahren hat sie den Mann, der der Frau einen Witz gebärdet und die mit Gebärden nachfragt und kommentiert und umgekehrt, ,,freigestellt“. So sind sie in einem abstrakten Raum, in dem nur ihr Körper als Instrument des Ausdrucks angeschaut werden soll. Die Kamera-Einstellungen: frontal, profil, von oben, betonen die Dreiachsigkeit des Handlungsraumes. Es ist sind eben diese drei Achsen x, y, z, auf die sich die cinematografische Zerlegung eines erzählten Raums in Einstellungen bezieht.

Als das Kino noch keinen Ton hatte, dachte es noch darüber nach, welche Art von Spiel an die Stelle der Sprache treten könnte. Zur Herleitung eines Gesten-Spiels rückten auch die Zeichensprachen ins Interesse, die der vorkolumbianischen Nordamerikaner, die der Berufsstände, etwa der Seeleute und auch die der Gehörlosen.

Bettina Henkels Installation lenkt den Blick nach vorne. Wenn das Kino sich von der Sprache befreien will, in deren Gefangenschaft es mit dem Computer und Netz noch tiefer geraten ist, muss es sich einer solchen Sprache anverwandeln, wie sie hier gezeigt wird. Nichtlinear, ikonografische Codes, ,,als Bewegung“ und „im Raum“. Das ist der Witze tiefere Bedeutung.

Harun Farocki, 2005

Text des Gutachtens zum Habilitationsverfahren zur Erlangung der Venia Docendi von Bettina Henkel an der Akademie der Bildenden Künste Wien.

 

Ars Electronica Katalog, Auszug